Mein Name ist Ulrich Fuchs, ich unterstütze als freier Berater Anwenderunternehmen und Beratungshäuser in allem, was im Umgang mit dem ERP-System "Infor LN" und seinen Vorgängerversionen (Baan IV, Baan V) so an Aufgaben anfällt. Ich bin Projektleiter, Berater und Softwareentwickler, und weil ich alle drei Rollen tatsächlich beherrsche, bin ich der Joker immer dann, wenn's anspruchsvoll wird.

Weil Neuigkeiten, über die ich so stolpere, vielleicht auch für andere interessant sind, gibt's dieses Blog. Meine Kontaktdaten finden Sie unter
www.ulrich-fuchs.de.



Dienstag, 10. Juni 2008

ERP-Redesign von unten?

Ein Maschinenbauer setzt Baan IV seit 1996 ein. Wir kennen das alle: Nach zehn Jahren knirscht es an allen Ecken und Enden, und man fragt sich, was man tun soll. Die Firma hat die Frage mit Hilfe des Münchner Instituts für Sozialforschung (IFS) zu beantworten versucht - Frau Pfeiffer vom IFS und Kollegen haben mit gemischten Teams aus den armen Menschen der Produktion, die mit der Software arbeiten sollen, und den armen Menschen, die in der IT für die Software zuständig sind, Verbesserungsvorschläge erarbeiten lassen. Von 2005 bis 2007.

Was ist rausgekommen dabei? Zunächst einmal dieser Aufsatz hier:

http://www.sabine-pfeiffer.de/downloads/2008-WBU-Beitrag.pdf,
eine Webseite
http://www.integrunt.de/informatisierung/index.htm

und dann ein Buch, das ich hoffentlich demnächst mal auf den Tisch bekomme:

Sabine Pfeiffer, Tobias Ritter, Eric Treske: Work Based Usability. Produktionsmitarbeiter gestalten ERP-Systeme „von unten“ – Eine Handreichung

Und sonst? Die Analyse im Aufsatz gibt die typische Ausgangsbasis wieder: "Die Änderungsdynamik von Unternehmen verlangt in solchen Zeiträumen oft mehrfachen Wandel, bis in ihre Organisationsstrukturen und bis in einzelne
Geschäftsprozesse hinein. Wandlungsprozesse, die oft auf der Ebene der ERP-Systeme nicht in Gänze nachvollziehbar sind"

Nur wie schafft man Abhilfe?

Dem Aufsatz entnehme ich, dass vier "besonders dringliche Probleme" herausgefunden wurden: "Der Einsatz eines Handscanners im Lager; ein konsistenter Umgang mit disponiblen Teilen; die zeitnahe Aktualisierung bei Bestandslisten bei neu eingegangenen Teilen ohne zugewiesenen Lagerplatz sowie das Abspecken der Masken im Einkauf."

Da frage ich mich schon, warum man da fast zwei Jahre Projektarbeit braucht, um einen Scanner als sinnvoll zu beschreiben, um festzustellen, dass die Disposition hakelt? Was bitte ist die "zeitnahe Aktualisierung bei Bestandslisten bei neu eingegangenen Teilen ohne zugewiesenen Lagerplatz"? Die Liste ist doch wohl nicht das Problem, sondern der Prozess der Wareneingangsbuchung? Naja, und das Abspecken der Masken im Einkauf ist wahrscheinlich eine Fingerübung für die IT Abteilung.

Und wenn Frau Pfeiffer dann schreibt: "In den letzten Jahren kommt zudem die schrittweise Umstellung von Baan auf WinBaan hinzu" - dann frage ich mich schon, was sie vom ERP-System wirklich mitbekommen hat? WinBaan? Sie meint wohl die bw, aber wo ist das Problem, wenn die IT die Anwender überzeugt bekommt, sich mal von der ASCII-Oberfläche zu verabschieden? Die mag ja bei manchem User ungeliebt sein, aber ein Prozess, "der zusätzlich die Kapazitäten der IT bindet"?

Was leider mit keinem Wort erwähnt wird: Konnte man irgend etwas von den Verbesserungsvorschlägen umsetzen? Oder passierte genau das, was die Analyse schon sagte: Man weiß, dass es nicht mehr richtig passt, nur ändern kann man es halt nicht. (Kleiner Tip: Richtiges Projekt aufsetzen, nach ERP LN migrieren, und die Probleme kommen vom Tisch).

Vielleicht statt Soziologen doch lieber IT-Experten für solche Projekte anheuern? Ich werde mal das Buch abwarten...


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