Mein Name ist Ulrich Fuchs, ich unterstütze als freier Berater Anwenderunternehmen und Beratungshäuser in allem, was im Umgang mit dem ERP-System "Infor LN" und seinen Vorgängerversionen (Baan IV, Baan V) so an Aufgaben anfällt. Ich bin Projektleiter, Berater und Softwareentwickler, und weil ich alle drei Rollen tatsächlich beherrsche, bin ich der Joker immer dann, wenn's anspruchsvoll wird.

Weil Neuigkeiten, über die ich so stolpere, vielleicht auch für andere interessant sind, gibt's dieses Blog. Meine Kontaktdaten finden Sie unter
www.ulrich-fuchs.de.



Donnerstag, 28. April 2011

Es ist schon spannend

Bild: chrfrenning, Lizenz: CC-BY-SA 2.0
wo überall auf der Welt sich Baan-Installationen finden lassen. Jobangebote, auf die ich hier für den Baan-Bereich poste, beziehen sich normalerweise auf Deutschland, aber vielleicht hat jemand mal Lust auf Tapetenwechsel. Daher, und weil das Wetter grad wieder schlechter wurde, heute eine Ausnahme. Will irgendwer für drei Jahre nach Mauritius?

Dienstag, 26. April 2011

Infor kauft Lawson

Der Übernahmedeal scheint unter Dach und Fach, das berichten übereinstimmend diverseste Webseiten.

Montag, 18. April 2011

Totgeburt, die Dritte.

Es ist ein Trauerspiel. Nach einer Crystal Reports-Integration und dem Versuch, BIRT als Reporting-Backend für ERP LN zu nutzen, probiert es jetzt Infor (konzernstragtegisch aufoktroyiert?) mit den Microsoft-Reporting-Services. Und leider, leider, auch wenn's wieder ein bisschen mehr integriert ist als die Vorversionen, das Ergebnis wird das gleiche sein: Ein paar große Kunden werden's vielleicht nehmen, und ein paar schlecht beratene kleine ohne Erfahrung auch. Der Rest der Baan-Welt wird weiter Courier-12pt-Reports drucken oder sich eine Spooling Software anschaffen. Sequest, Hidox und wie sie alle heißen, wird's freuen, dass ihnen Infor auch diesmal nicht das Geschäftsmodell unter dem Hintern wegzieht.

Ok, wie komm ich zu der Einschätzung? Ich habe mir eben mal die Administrationshandbücher und Developmenthandbücher angesehen. Gehen wir mal davon aus, dass das Version 1.0 ist, und dass sich in den nächsten Jahren noch ein bisschen was tun könnte (obwohl: Weder bei der Crystal-Integration noch beim BIRT hat sich nach dem ersten Release irgendwas grundsätzliches getan). Aber die Basisarchitektur wird die selbe bleiben, und die ist einfach krumm.

Die sieht so aus, dass man aus den Baan-4gl-Reportdesigns einen Report in den Microsoft-Reporting-Services ableitet. Der Datenstrom, der aus dem Baan-Report (oder der Baan-Session? - so klar sagt das die Dokumentation nicht) kommt, wird an die Microsoft-Report-Engine geschickt. Dort dient dieser XML-Strom als Datenquelle (soweit ich das seh, gibt's sogar mehr Stöme, einen für die Daten, einen für die Labels, einen für Report-Metadaten). Die Report-Engine, die ein separater Serverprozess (auf einem MS-Server-Betriebssystem) ist, formatiert diese Daten dann  anständig und bringt sie zu Papier (oder zu pdf). Sie kann - das konnten die vormaligen Versuche nicht - dabei sogar auf die laufende Bshell zurückgreifen, und bspw. Baan-DLLs aufrufen.

Allerdings muss man, um diese Baan-DLLs aufzurufen, das ganze recht komplex im (Microsoft-)Reportskript programmieren. Und das tut man dort nicht mit den Baan-Tools, sondern mit Visual Basic. Das kann man zwar lernen, aber man muss es halt zusätzlich zu Baan C lernen - außer das Anwenderunternehmen ist so groß, dass es sich einen hauptamtlichen Reportschönmacher leistet, aber welches ist das schon?

Das eigentliche strukturelle Problem ist aber das: Im Developer Guide heißt es: "You can use the ERP LN Reporting plug-in to redesign ERP LN session reports". Genau das ist es: Ich habe einen Report in den ERP LN Tools definiert, mit Layouts, allem Schnick und Schnack, und dann muss ich den ganzen Kram (von Null!) im BIDS (Microsoft Business Intelligence Development Studio) nochmal machen! Was die Dokumentation leider nicht verrät: Was passiert, wenn sich der zu grunde liegende Baan Report (minimal, oder in größerem Ausmaß) ändert? Fang ich dann im BIDS wieder komplett von vorne an? Das war bei der Crystal- und bei der BIRT-Integration der wichtigste Grund, aus dem ich jedem Kunden von diesen Technologien hochgradig abgeraten habe.

Die ganze Architektur ist wieder ein Doppelmoppel, das die Anwender zwingt, in zwei komplett getrennten Umgebungen zu hantieren, zwei getrennte Welten zu sehen, zwei Technologiestacks zu haben, zwei Terminologien verstehen zu müssen. Diesen beiden Softwarepaketen, ERP LN und Microsoft Reporting Services, hat man mühsam eine Schnittstelle abgerungen. Aber man hat wieder keine echte Integration zustande bringen können. Nicht weil man unfähig wäre, sondern weil es zwei Welten sind. ERP LN lebt "Push-Reporting": Die Session arbeitet Daten auf, der Report zeigt diese an, aber kann mit Zusätzlichem Code zusätzliche Daten zu den von der Session gelieferten Datensätzen holen. Standard-Reporting-Pakete leben "Pull-Reporting": Es kommt ein linearer Datenstrom an, und die Daten in diesem Datenstrom werden aufbereitet, aber was nicht im Datenstrom ist, kann auch nicht dazugelesen werden.

Jetzt kommt vielleicht eine Überraschung für Infor: Reports werden von den Kunden angepasst. Und zwar alle regelmäßig gedruckten. Bestellungen, Lieferscheine, Rechnungen, Stücklisten, Produktionsauftragspapiere. Und weil das, was im Standard-Datenstrom von der Session geliefert wird, meistens nicht ausreicht, um den armen Kerlen in der Halle, die die Papiere nutzen sollen, alle Informationen zu geben die sie für ihren Job brauchen, werden zusätzliche Daten in den Reportskripten dazugelesen. Und das muss einfach und aufwandsarm passieren können.

Nun muss man, um mal ein Beispiel aus dem Developerguide zu zitieren, in Visual Basic folgendes programmieren

Dim methodArgs as new System.Collections.ArrayList()

methodArgs.add(New Object() {"in", "long", year} )

ret = Infor.ReportingServices.Utilities.LNUtils.DoErpLnDllCall (Report.Parameters!ConnectionString.Value, "otccomdll0350", "tccom.dll0350.is.leap.year", "boolean", retval, methodArgs)

if retval then ...

um folgende Zeile in einem ERP-LN-Reportskript in einem Microsoft-Report nachzubilden:

if tccom.dll0350.is.leap.year (year) then ...

Entschuldigung, aber das ist nicht aufwandsarm. Und es ist ist dem typischen ERP-Programmierer bei einem mittelständischen Maschinenbauer auch nicht zu erklären.

Und deshalb kann man Kunden nur abraten, auf die Reporting-Services zu vertrauen, wenn es darum geht, Reports "hübsch" zu machen. Wie gesagt, ich halte sie für eine weitere Totgeburt. Sie steht technologisch auf den selben tönernen Füßen wie die vormaligen Versuche.

Stattdessen sollten die Kunden, und die Anwendergruppen insbesondere, und vielleicht auch die Infor-PSO-Organisation, die die Versprechungen wird ausbaden müssen, die die Verkäufer jetzt aufgrund dieser wenig hilfreichen Schnittstelle machen werden, weiter bei den zuständigen Produktmanagern darauf drängen, eine eine echte, integrierte Lösung zu entwicklen, die innerhalb der Baan-Tools einen grafischen Reporteditor zur Verfügung stellt.

Vor allem aber sollte Infor ein echtes Interesse an einer integrierten statt einer "simulierten" Lösung haben: Dass das einfache(!!!) Generieren von ordentlichen Ausdrucken ein Problem ist, hat Garnter jetzt schon - zu recht - zum zweiten Mal in Folge in seiner Magic-Quadrant-Studie moniert. Der Markt wird das Fehlen dieser grundlegenden Features nicht mehr lange ungestraft hinnehmen, und Pseudo-Lösungen verfangen im Markt eben nicht. Sie werden vielleicht noch gekauft, aber nicht eingesetzt.

Sonntag, 10. April 2011

Weil wir grad beim "Bla" sind...

und weil ich grad Gartners "Magic Quadrant" Report für 2010 durchschau, bei dem ERP LN mal wieder eher ungerechtfertigterweise schlecht abschneidet (wenngleich sich ein paar gültige Kritikpunkte finden, aus denen Infor Lehren ziehen sollte, die aber keinesfalls ein Abschneiden als "Nischenanbieter" rechtfertigen). Weil ich also wie gesagt gerade über Infors Blabla gebloggt habe, hier mal grandioses Gartner-Geblubber:

(Gartner Research Note G00205542, Seite 3)
The role-based concept of roles. Nee, is klar, Kinners.

Samstag, 9. April 2011

Sprachpanschereien

Japanisches Foltergerät.
Sind Sie Masochist? Lesen Sie Texte auf Milchtüten? Oder die Hinweise für sicheres und angenehmes Arbeiten mit Computertastaturen? Geburtstagsanzeigen im Lokalblättchen ("Hurrah hurrah der Opa wird heut hundert Jahr!")? Oder Infor-Pressemitteilungen? Zumindest zu letzterem sehe mich leider beruflicherseits genötigt, auch wenn ich dabei regelmäßig die Pimpelgicht kriege.

Infor hat den Prototyp einer neuen Benutzerschnittstelle für sein Produktportfolio vorgestellt. Und dafür eine Pressemitteilung herausgegeben.

Liebe Infor Deutschland. Warum? Was ihr mit der Sprache anstellt, ist Waterboarding für Sprachliebhaber! Keine bleibenden Schäden, aber grausam ist's trotzdem. Es ist ja ok, dass Ihr Pressemitteilungen von der Mutter aus den USA bekommt. Aber die müsst Ihr doch nicht vom Marketingpraktikanten übersetzen lassen. Oder von einem Übersetzungsbüro, dessen Kernkompetenz eigentlich auf dem Milchtütentextsektor liegt.

Was um Himmels Willen sollen "kontext-kritische Echtzeit-Tools" denn sein bitte? Ihr habt doch nicht etwa Karlchen Klammer reanimiert, der sich auf den Bildschirm quengelt, wenn der Benutzer die Verkaufs-Auftragsmaske öffnet und auf "neu" drückt: "Sie möchten offenbar einen Auftrag eingeben! Wollen Sie den nicht lieber aus dem Angebot überführen? Und wussten Sie, dass Sie auf der Karte nachsehen können, wo Sie wohnen?" Was sind "dynamische Benachrichtigungen"? Welche, die nicht jeden Samstag auf der Couch hocken und Fußball kucken sondern lieber mit dem Surfbrett unterm Arm zum Wasser sprinten?

Dann: "Kollaboration" bezeichnet, bitteschön, im Deutschen primär geschichtliche Ereignisse, bei denen in besetzten Ländern den Nazis der rote Teppich ausgerollt, die Pläne von Widerstandskämpfern gesteckt und fleißig der SS beigetreten wurde. Für das englische "Collaboration" gibt es das schöne Wort "Zusammenarbeit", die alten Lateiner unter uns kennen vielleicht auch das Wörtchen "Kooperation". Im Marketingsprech - wenns den unbedingt sein muss - kann man auch "Teamwork" sagen. Aber was ist falsch dran, zu schreiben: "Einbindung von Kommunikationssoftware in die Arbeitsoberfläche, um das innerbetriebliche Netzwerken zu unterstützen"? Denn um nichts anderes geht's hier. Bietet eine Software "Kollaborationsmöglichkeiten", krieg ich's ein bisschen mit der Angst.

Gabs mal auf ner Messe.
Aufgeblasen, sinnfrei und sperrig.
(Foto: Henrik Becker, Lizenz CC-BY-SA)
Dann: Im englischen Original verbindet das neue Interface immerhin nur die Geschäftsprozesse, die Berichtsanforderungen und die unterschiedliche Anwendungssoftware unter einer einheitlichen Oberfläche. In Eurer deutschen Übersetzung vertauscht sich wundersamerweise Ursache und Wirkung, so dass eine Software rauskommt, deren Hauptzielsetzung darin zu bestehen scheint, dass man sich nur einmal daran anmelden muss. (Ok, das ist die Hauptzielsetzung, wenn wir ehrlich sind, aber das muss man doch nicht so offen sagen).

Dann: Die Anwender haben die Möglichkeit "zu autodidaktisch lernen"? Grammatik bei Yoda gelernt Ihr habt vielleicht, aber ehrlich: Wenn Eure Muttermarketingmenschen das hohe Lied anstimmen, dass die Mitarbeiter beim Anwender nun in Zukunft statt auf Arbeit fröhlich auf dem Selbstfindungstrip sind und dank Infor-Software nun "Lernen, Fragen, Vorschläge machen, sich Mitteilen und Erleben" statt Kundenaufträge einzuhacken, dann ist das als "autodidaktisch lernen" zu übersetzen schon ziemlich daneben. Obwohl ich verstehe, dass man deutschen Geschäftsführern nicht unbedingt erklären will, warum die neue Leitlinie der Software nun das ist, was sie neulich auch im Jahresbericht des Kindergartens ihres Dreijährigen gelesen haben.

The Blah blah man.
(Grafik: Adam Freeman, CC-BY-SA)

Aber immerhin, Infor Workspace ist das erste Werkzeug, das ... Moment, ich kriegs nicht ganz auf die Reihe, also irgendwas mit Anwendungen und Werkzeugen und externen Informationen in Form von Werkzeugen und dann noch was mit Zeitunterschieden, die wichtige Informationen im globalen Unternehmen bereithalten. Zeitunterschiede, die eine Information bereithalten? "Hier spricht Ihr Minus-Sieben-Stunden. Wussten Sie schon, dass Heute bei uns bei Ihnen schon Morgen ist?" Also, mal im Klartext: Es gibt wohl in der Demo irgendein Dings (vermutlich heißt das demnächst auch eine "App"), das ein Währungstaschenrechner und ne Weltzeituhr ist. Jeder Praktikant klickt das in zehn Minuten zusammen. Das als Weltneuheit zu verkaufen, zeugt schon von Chuzpe. Aber den semantischen Inhalt der Pressemitteilung will ich ja gar nicht kritisieren, der kommt von Infor USA. Für das deutsche Geschwurbel ist aber Infor Deutschland verantwortlich.

Und so geht das endlos weiter. Bla über Blupp. Aufgeblasenes Marketing-Sprech aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, mal mehr, mal weniger gelungen, aber immer blutleer und inhaltsarm. Himmel noch eins! Kennt in Hannover oder Erkrath oder wo auch immer keiner der Marketingmenschen eine prekariatsgefährdete Germanistin, der man sowas mal für nen Hunni zum Gegenlesen geben kann?

Wie wäre es statt diesem sprachvergewaltigenden Gefasel mit einem ehrlichen:

"Infor hat sich von seinem alten, javabasierten Technologiestapel verabschiedet, weil man unter Sharepoint Anwendungen bauen kann, die einfach geiler aussehen, und weil sich die Zusammenarbeit mit Microsoft hoffentlich besser rechnet. Und Infor hat kapiert, dass Anwendungen heute geil aussehen müssen, so geil eben, wie man's von Apples Iphone-Apps gewöhnt ist, auch dann, wenn die Software nur betriebswirtschaftlichem Datenkauen dient. 
Weil Menschen, und Manager, denen wir unsere Software verkaufen wollen ganz zuvorderst, halt erstens Spielkinder sind und zweitens von den Daten, die gekaut werden, eh nicht mehr allzuviel verstehen. Und weil sie deshalb vor allem nach dem Sexy-Faktor in der Software suchen, der verspricht, dass ihre ganze komplexe Welt in Wirklichkeit ganz einfach ist. Und das verkaufen wir ab jetzt. Die Software gibt's als Bonus dazu.
Wir als Infor haben lange geschlafen und gedacht, wenn unsere Programmierer mit einer hässlichen grauen und kompliziert aussehenden Software zufrieden sind, sind's unsere Kunden auch. Wir haben jetzt aber verstanden. Und alles wird sich ändern."

Und dann könnte man vielleicht noch ergänzen:

"Im Zuge dieser gereiften Erkenntnis werden wir uns bemühen, dass unsere Kernsoftware ERP LN demnächst auch Fett und Kursiv im Texteditor beherrscht und so erstellte Texte innerhalb einer Rechnung auch ohne mühsames Gefrickel und ohne Zusatzsoftware samt Firmenlogo in einer Form aufs Papier bekommt, die so geil aussieht, als hätte Donald Knuth persönlich den Layoutalgorithmus entworfen."

Dann auch wieder den 1. April als Datum drauf, und alles ist gut.

Mittwoch, 6. April 2011

Softwareentwickler/Inhouse Consultant gesucht

für Baan IV/ERP LN von Liebherr nach Ettlingen.
Und dann noch ne Stelle für einen internen Logistikberater, Ebenfalls von Liebherr, nach Kirchdorf/Iller

Dienstag, 5. April 2011

Platz zum Arbeiten?

Infor hat (mal wieder) ein neues strategisches Benutzerinterface für sein Portfolio vorgestellt. Und sogar einen Screenshot des Prototypen(!) veröffentlicht, der die VK-Auftragsmaske von ERP LN unter der neuen Oberfläche zeigt. Umgetauft hat man das auf einem Microsoft-Sharepoint Stack aufsetzende Kind jetzt auch wieder, aus dem "Companion" ist jetzt "Infor Workspace" geworden. Mit irgendwas muss man die Marketing-Abteilung ja beschäftigen.

Zur Oberfläche für den eigentlichen ERP-Kern gibts dann noch diversen Klickibuntifirlefanz, den man halt für Verkaufspräsentationen so braucht, da kann man dann wohl Karten einblenden und sich anzeigen wo man wohnt und wie man aussieht, als vielbeschäftigter Manager scheint man das schonmal zu vergessen. Kleiner Tipp: Auch als Entwicklungschef darf man Urlaub nehmen, wenn man 70 Tage vor sich herschiebt, fängt die Personalabteilung das meckern an. Und man vergisst, wo man wohnt.

Ok, aber mal ernsthaft: Sieht man vom Firlefanz ab, den das Marketing halt so präsentieren und verbreiten muss, gefällt mir das Interface ausnehmend gut. Man hat endlich mal begabte Grafiker rangelassen (oder kommt das Design standardmäßig mit Sharepoint mit? Auch gut.). Der erste Eindruck ist schick und modern, der Bildschirm halbwegs strukturiert, in der Maske gibt es gute Kontraste, die Farbskala tut dem Auge nicht weh (man erinnere sich noch voll Schauder an den "roten" Webtop seinerzeit). Die Idee scheint gewesen zu sein, das dröge Interface einer betriebswirtschaftlichen Anwendungssoftware wie eine stylishe App aussehen zu lassen. Da das Auge bekanntlich mitisst, ist der Ansatz auch gar nicht so verkehrt.



Bei der Buttonzeile sehe ich Probleme. Auf dem Screenshot der VK-Auftagsmaske fehlt mir der Button für's Suchen, und wohlweislich hat man eine Maske für den Screenshot gewählt, die keine Schaltflächen für die Gruppennavigation/View hat. Wo die in einem anderen Typ von Maske (etwa der Auftragsliste) noch hinsollen, ist mir ein bisschen schleierhaft. Die zweite Buttonzeile (Additional Toolbar) fehlt mir auch. Zugegeben, die wurde schnell unübersichtlich, weil die Programmierer jeweils das "reingehaut" haben, was sie interessent fanden. Aber bestimmte Funktionen eben nicht erst über ein Menü auswählen zu müssen sondern sich durch die Anwendung "durchklicken" zu können ist sinnvoll. Eine anwenderindividuelle Leiste wäre eigentlich das optimale, ich würde mir wünschen, dass Infor hier noch nachlegt.

Gar nicht gefällt mir das Menü für die Navigation durch die Anwendung. Das kommt als reguläre Menüzeile daher, und schon auf dem ersten Blick sieht man, dass der Platz nicht reicht, und man eine "mehr davon"-Schaltfläche braucht:


Eine solche Anordnung mag sinnvoll sein, wenn man um die zweihundert Elemente auf maximal zwei Ebenen unterbringen muss. Bei ERP LN reden wir über ein paar tausend Sessions, die standardmäßig auf ca. fünf Ebenen hierarchich geschachtelt sind. Da kann man sich über ein solches Menü unmöglich "reinklicken". Hier muss Infor auf jeden Fall nachbessern, die klassische "Baumstruktur" ist aus didaktischer (wie vermittelt man Anwendern einen ersten Einstieg) wie auch aus ergonomischer Sicht dringend weiter erforderlich.

Leider kann man auf den Screenshots nicht erkennen, wie sich das System darstellt, wenn man mehrere Sessions parallel geöffnet hat. Beim Arbeiten mit ERP LN ist das eher der Standardfall. Und zwischen diesen Sessions muss man hin- und herspringen können. Schnell. Das war bereits beim Webtop ein Problem, ich habe den Verdacht, dass es beim "Workspace" noch schlimmer werden könnte, wenn die Anwender nicht schnell genug laut genug schreien. Wohlan, ich schreie hiermit.

Schließlich vermisse ich die "Shortcuts". Liebe Inforianer, ein Rollenbasiertes Interface mag zum Verkaufen der Software ja nötig sein. Um mit ihr zu arbeiten, braucht man aber Sessions, und zwar je Anwender so um die zehn Stück, aber eben je Anwender unterschiedliche. Diese zehn Sessions müssen schnell und immer und überall erreichbar sein - alles was weiter als ein Mausklick entfernt ist, ist zu weit. Die Shortcuts waren in bezug auf Nutzbarkeit und Reduktion der Arbeit für die IT die beste Neuerung, die mit dem Worktop eingeführt wurde. Bitte lasst uns nicht in eine Zeit zurückfallen, in der die IT wieder rollenspezifische Menüs basteln muss oder sich die Anwender durch Monsterstrukturen klicken müssen, um an ihre Sessions zu kommen.